Den sehnlichen Wundsch nach dem so hoch verlangten allgemeinen Friedens=Schlusse Von Europa, Auff das hart und lang erlittene Krieges=Wetter/ stellete bey dem solennen Actu Oratorio im Nahmen der saemtlichen Musen zur angenehmen Harmonie in einer Aria vor/ der Vorredner J. L. Ringenhain.
Torgau/ Gedruckt bey Joh. Zach. Hempen. [s. t.]
Zitierweise: Rolf Felbinger: Quellenautopsie "J[ohann?]. L. Ringenhain (ca. 1700)", in: Europabegriffe und Europavorstellungen im 17. Jahrhundert. Web-Projekt, Wolfgang Schmale (Dir.). https://europaquellen.univie.ac.at/einzelansicht/news/anonym-ca-1700-wundsch/
Schlagworte: Frieden; Friedrich August I. von Sachsen; Gedicht; Krieg;
Fundort: BSB / VD17 (digital) / 3:019116G (ID-NR.)
A) Kurzbiographie | B) Beschreibung der Quelle | C) Europabegriff und -vorstellung bei Ringenhain |
[Der Verfasser der Quelle ist nicht mehr zu ermitteln. Das "Verzeichnis der im deutschen Sprachraum erschienenen Drucke des 17. Jahrhunderts" (VD17) setzt den Vorredner "J[ohann?]. L. Ringenhain", zu dessen Person sich keine biographischen Angaben nachweisen lassen, als vermeintlichen Autor an.]
Bei der Quelle handelt es sich um ein Gedicht, das in der Friedensperiode zwischen 1697 und 1700, auf alle Fälle jedoch vor dem Ausbruch des "Nordischen Krieges" (1700-1721) bei Johann Zacharias Hempe in Torgau (Nordsachsen) verlegt wurde. Da das gedruckte Werk heute ein Unikat (Altbestand der Universitäts- und Landesbibliothek Halle) darstellt, wurde es vollständig digitalisiert und kann über die "VD17"-Homepage abgerufen werden.
Das Gedicht ist im Stil einer Gelegenheitsschrift angefertigt und umfaßt sechs Strophen mit jeweils sechs Verszeilen (1_3, 2_4, 5_6), wobei der letzte Vers der vorangehenden Strophe stets den Anfang der folgenden Strophe ("... den Winter findt./ Den Winter findt man nicht/...") vorgibt. Der abschließende Satz enthält eine Widmung an Kurfürst Friedrich August I. von Sachsen ("August der Starke").
C) Europabegriff und -vorstellung bei Ringenhain
Das personifizierte "Europa" erweist sich nach den langen Jahren des Krieges, der Pest, des Hungers und Brandes ("dein eisern Joch") als ermüdete und erschöpfte Kreatur.
Der metaphorische Gebrauch der Jahreszeiten (Frühling/Frieden - Winter/Krieg) impliziert einen Zustand des zögerlichen Naturerwachens nach einem langen, entbehrungsreichen Winter. "Europas" Hoffnung auf die alles regenerierende Frühlingszeit ("Der Fruehling ein lebhafftes Friedens=Bild/ Kann der Natur so schöne Blicke geben") wird dabei als eine Art Lebenselixier gedeutet, welches es durch die permanent harte Kriegszeit mit all seinen Begleiterscheinungen gebracht habe. Diese Mächte des Winters verhinderten bisher stets erfolgreich, daß sich "Europa" zu einem "Paradies der Welt" (zurück ver-)wandelt, das es eigentlich (wieder) sein könnte, wenn sich seine Existenz nicht "Jahr aus/ Jahr ein mit Grausamkeit beschwehren" würde.
Ebenso "wie Rosen nicht unter Schnee und Eis bluehn" kann sich aber auch kein Frieden einstellen, wenn nicht ein "Friedens=Held" mit "gerechten Waffen" und Gottes Hilfe dafür sorgt, daß "alles Land" wieder in neuem Glanz erstrahlt. Dieser "Friedens=Held" entpuppt sich als der sächsische Kurfürst Friedrich August I., der die Strahlen der Sonne durch seinen eigenen Schein so zu verstärken mag, daß der Frühling bzw. Friede sich schließlich einstellt, die Erde wieder erblüht und reiche Früchte trägt. Das Schicksal "Europas" wird durch diese finale Verknüpfung in die Hände des Landesfürsten gelegt.
(rf)