Gottlob Christian von Dölau [1681]

Q. D. B. V.
De Monarchia Universali, quae Europae imminere dicitur,
Moderatore L. Adamo Rechenberg/ Utriusque Linguae & Historiam
Prof. Publ. in Academia Lipsiensi
XVI. Jul. M DC LXXXI.
H. L. Q. C.
publice disserere instituit Gottlob Christian à Dölau/ Equ. Msn.
Lipsiae, Literis Johannis Coleri.

Zitierweise: Josef Köstlbauer: Quellenautopsie "Gottlob Christian Dölau (1681)", in: Europabegriffe und Europavorstellungen im 17. Jahrhundert. Web-Projekt, Wolfgang Schmale (Dir.).
https://europaquellen.univie.ac.at/einzelansicht/news/gottlob-christian-von-doelau-1681/

Schlagworte: Abhandlung; Dissertation; Frankreich; Gleichgewicht; Mächtesystem; Universalmonarchie; Weltteil;

Fundort: ÖNB / 485.045-B

A) KurzbiographieB) Beschreibung der Quelle C) Europabegriff und -vorstellung bei Dölau

 

A) Kurzbiographie

Über den Verfasser der vorliegenden Quelle, Gottlob Christian von Dölau, ist wenig bekannt. Wahrscheinlich entstammte er einer sächsischen Adelsfamilie gleichen Namens, leider konnte auch dafür kein Beleg gefunden werden. Aufgrund der vorliegenden Quelle, einer Dissertation, steht immerhin fest, dass er 1681 seine Studien an der Universität Leipzig beendete. Nur ein einziges weiteres Werk aus Dölaus Feder ist bekannt, es handelt es sich auch hier um eine Dissertation, die 1683 in Tübingen veröffentlicht wurde. ("De obligatione successoris in republica.")
Da außer diesen beiden Hochschulschriften keine weiteren Werke dieses Mannes erhalten sind, ist anzunehmen, dass er sich nach Abschluss seiner Studien anderen Tätigkeitsfeldern zuwandte. Die dezidiert politisch-historischen Themen der zwei bekannten Schriften sowie seine aristokratische Abkunft deuten auf den Hof- oder Staatsdienst hin.

 

Literatur:

  • IBN - Index Bio-Bibliographicus Notorum Hominum, Bd. 56, S. 626.

zum Seitenanfang 

 

B) Beschreibung der Quelle

Bei der vorliegenden Quelle handelt es sich um eine von Gottlob Christian von Dölau verfasste Dissertation in lateinischer Sprache über die Universalmonarchie, die 1683 in Leipzig bei Johannes Colerus verlegt wurde. Das Titelblatt vermerkt auch den Doktorvater, Adam Rechenberg, ein lutherischer Theologe, der seit 1677 an der Universität Leipzig als Professor für alte Sprachen und Geschichte tätig war. Obwohl als Autoren dieses Werkes in zahlreichen Katalogen sowohl Rechenberg als auch Dölau angegeben sind, wird hier bewusst nur Dölau angeführt. Immerhin ist anzunehmen, dass er auch wirklich der Verfasser ist, während Rechenberg wohl nur das Thema vorgegeben hat.
Der schmale Band enthält 28 nicht nummerierte Seiten, ein Frontispiz fehlt, die Aufmachung des Werkes ist schlicht aber von guter Qualität. Widmungsempfänger ist Johann Georg IV., Herzog von Sachsen, an den sich auch eine vom Autor unterzeichnete Vorrede richtet. Der eigentliche Inhaltsteil ist in 24 nummerierte Paragraphen gegliedert. Vorangestellt ist ein Inhaltsverzeichnis, in dem die Paragraphen aufgelistet sind und ihr jeweiliger Inhalt in wenigen Worten beschrieben ist.
Das Thema des Werkes ist die Universalmonarchie und damit ordnet es sich in eine lange Reihe politischer Schriften ein, die in den 1670er und 1680er Jahren zu diesem Thema verfasst wurden. Der Autor beginnt mit einer allgemeinen Definition des Begriffes Monarchie, wobei er sorgfältig auf die Abgrenzung zu Tyrannei und Diktatur bedacht ist, und folgt den Ursprüngen monarchischer Herrschaft bis zu den Griechen und Römern. Schließlich beschreibt er die Merkmale der universalen Monarchie und wie sie zustande kommen kann (durch militärische Übermacht oder freiwillige Unterordnung). Dazu bietet Dölau auch zwei historische Beispiele, nämlich das Osmanische Reich und die spanische Monarchie. Im Falle der letzteren wird eigens auch auf die Ursachen für das Scheitern ihres Strebens nach der Universalmonarchie eingegangen.
Der Tenor dieser Ausführungen ist, dass eine Universalmonarchie nur durch besonders vorsichtige, weise und gerechte Herrschaft aufrechterhalten werden kann. Ihre gewaltsame Errichtung oder Durchsetzung führt zu Unterdrückung und Tyrannei und damit letztlich zu ihrem Untergang.
Wie bei der Mehrzahl der damals im deutschsprachigen Raum erscheinenden Werke dieser Art geht es auch hier letztlich um die aggressive Expansionspolitik Ludwigs XIV. So leitet der Autor nach seinen theoretischen und historischen Ausführungen zu Frankreich über. Als eigentlichen Antrieb der französischen Unternehmungen sieht er das Bestreben, eine Universalmonarchie zu errichten ("cupido Monarchiae universalis"). Nach dem Niedergang Spaniens sei Frankreich die einzige europäische Macht, die über die Mittel verfügt, die ein solches Unternehmen aussichtsreich erscheinen lassen, noch dazu erfreue sich sein ehrgeiziger König an Ruhm und Kriegstriumphen. Im letzten Paragraphen aber wird die Möglichkeit einer Realisierung der französischen Hegemonialbestrebungen mit dem Hinweis auf die Grenzen, die auch der Macht Frankreichs gesetzt sind, relativiert. Keine Macht, weder Frankreich noch eine andere, sei stark genug, um in Europa eine universale Monarchie zu errichten. Der Autor beschließt seine Ausführungen mit einem Gebet für den Erhalt des Friedens und für das Wohlergehen und Kriegsglück Deutschlands.

zum Seitenanfang

 

C) Europabegriff und -vorstellung bei Dölau

Gottlob Christian von Dölau betrachtet die Universalmonarchie als rein europäisches Phänomen ("restringitur ad Europam"). Sie erscheint geradezu als hohe kulturelle Errungenschaft, denn Dölau erklärt Europa zum zivilisiertesten Teil der Welt. In diesem Zusammenhang listet er penibel auf, welche Reiche und Länder zu Europa zu zählen sind: "Est autem Europa illa cultissima orbis universi pars, complectens Hispaniam, Galliam, Helvetiam, Belgium, Germaniam, Britanniam magna, Daniam, Norwegiam, Svediam, Poloniam, Italiam, Bohemiam, Hungariam, Sclavoniam, Bosniam, Dalmatiam, Graeciam, Thraciam, Bulgariam, Serviam, Transylvaniam, Walachiam, Moldaviam, Tartariam, Borussiam, & Moscoviam: quae partes ab omnibus Geographis passim delineatur."
Bemerkenswert ist die sorgfältige Nennung der verschiedensten südosteuropäischen Länder, während das Osmanische Reich keine Erwähnung findet. Letzteres ist insofern erstaunlich, als der Autor dieses Reich als Beispiel für eine Universalmonarchie nennt, obwohl diese ja wiederum nur in Europa existieren soll.
Dies deutet auf eine Europavorstellung hin, die einerseits in der Idee der Einheit der Christenheit begründet ist und andererseits auf antike Vorstellungen zurückgreift. Das würde auch die Einbeziehung der unter osmanischer Herrschaft stehenden ost- und südosteuropäischen Gebiete erklären.
Von größerer Bedeutung ist aber das Europabild, welches im Zuge der Diskussion der französischen Hegemonialbestrebungen hervortritt. Frankreichs aggressive Machtpolitik erscheint als Störfaktor in einem europäischen Gleichgewichtssystem, das Friede und Einheit der Christenheit gewährleistet. In der Zurückweisung des Konzeptes der Universalmonarchie findet das Idealbild von einem Europa der souveränen Staaten Bestätigung, die einander durch gemeinsame Religion und das Interesse am Erhalt des politischen Gleichgewichtes verbunden sind.

(jk)

zum Seitenanfang