Drey unterschiedene von Mercurio auff dem Parnasso Ausgestreuete Schriften/
Als Erstlich: Die Beschreibung der vornehmsten Potentaten in Europa, bey Anfang des 1689. Jahres; Zweitens: Ein Glück=Wunschs=Sonnet/ Ihrer Hoheit der Princeßin von Ouranien an ihren Gemahl; Drittens: Die Ursachen/ warum S. König=liche Maj. in Engelland aus dem Reich entwichen.
Haag/ Anno 1689. d. 11. Jan.*
An das Edle Teutschland.
Weil man dich Teutschland sieht
Von deinen Schlaff erwachen/
So führe tapffer aus nunmehro deine Sachen.
Denn schläffert dich noch eins des Hahnes Schreyen ein:
So wird dir solcher Schlaff ein Schlaff des Todes seyn.
Es hatte Phoebus sich aus seiner See gemacht/
Und uns en neues Jahr auf weissen Pferden bracht/
Da celebrirten dieses angenehme Fest die drey Schwestern Asia, Africa, America mit guter Ruh und Zufriedenheit in denen jenigen Pallästen/ welche sie auf dem Parnasso bewohneten. Aber in dem königlichen Pallaste der Europae hörte man nichts als ein starks tumultuiren / und ein grosses Geschrey der in Demselben hin= und wiederlauffenden. Welches denn verursachte / daß eine grosse Menge des Volcks herzu lieffe: welches begierig war zu wissen/ was darinne vorgienge: allein weil der Pallast auff das festeste verschlossen/ so war ihnen der Eingang verwehret. Endlich/ als die meisten wegen solcher Troublen erschrocken/ und in Zweifel stunden/ was daraus werden würde/ sahe man den Mercurium aus dem Palaste heraus gehen/ welcher sich mit Hülffe seiner Flügel in die Höhe schwang und unterschiedene Zettulgen ausstreuete: welche etliche an demselben tage/ (da dieses hohe Fest des Neuen Jahres auff dem Parnasso gefeyert wurde) dem Apollini statt eines Neuen Jahr=Geschenkes praesentiret, um zu erforschen/ ob Sie vermittelst solcher Wercke einst ihrem Scheitel den Lorbeer versprechen könnten. Siehe! etliche derselben so man abgeschrieben/ wofern es dir beliebet/ kanstu solche lesen; Das erste war die Beschreibung der Vornehmsten Potentaten in Europa bey Anfange des 1689sten Jahres.
Europa
Dich hat der Ost bißher mit Schauern angeblasen/
Nun spührestu den West nicht sanffter auf dich rasen.
Der Pabst
Wie kömmts: Da du ein Löw und Fuchs zugleiche bist;
Daß doch dein Brüllen nicht dem Hahn entsetzlich ist.
Der Käyser
Es werde Ludewig wie Mahmet überwunden:
So wird kein grössrer Nahm/ als Leopolds gefunden
Der Chur=Fürst in Bayern
Des Bayern grosser Ruhm/ und was von ihm geschehen/
Kann man mit sondrer Lust in Belgrads Mauern sehen;
Nimmt dessen tapffre Faust das feste Brysach ein/
So wird die Tugend dann recht in der Mitten seyn.
Der Chur=Fürst von Sachsen
Der erste/ so vor Wien den Türcken weggeschlagen/
Der warestu allein/ du tapffrer Sachsen=Held;
Itzt da der falsche Hahn das Römsche Reich anfällt/
So kontestu Ihn auch allein zu erst verjagen.
Chur=Brandenburg
Laß dich an itzt das Schwerdt und nicht den Oehlzweig ziehren?
Damit du kanst mit recht deß Vaters Nahmen führen:
Trifft deine Tapferkeit nicht mit Wilhelmens ein/
So kanstu nicht einmahl ein rechter Friedrich seyn.
Chur=Pfaltz
Du sagst: Weil Franckreich sich vor einen Freund ausgiebt:
So hat er sichern Weg/ wohin ihm nur beliebt.
Allein ist dieser Weg gleich voller Sicherheit:
So ist er doch zugleich mit Boßheit überstreut.
Das Haus Braunschweig
Ihr Helden streitet itzt nur bloß mit Eintrachtsflammen:
Thut ohne Säumniß hier Schwerdt/ Hand und Herz zusammen.
Denn werdet ihr euch so für eure Teutschen wagen:
So wird die Welt genug von Dreyen Brüdern sagen.
Der Herzog von Lothringen
Du darfst voritzt nicht mehr den Donau=Strand bezwingen;
Laß deine Sieges=Fahn am Rhein und Mosel wehn:
Weil diese beyde dir das können bringen/
Deß du bißhero dich beraubet hast gesehn.
Der König in Spanien
Nunmehro zweiffl´ ich sehr: dass dieses wird geschehn:
Daß noch mein Reich von mir kan einen Erben sehn.
Denn Frankreich hat es längst/ ich spühr es/ unterbaut:
Daß keinen Saamen man aus meinen Lenden schaut;
Der König in Frankreich
Du bist an Lastern Groß/ an Tugend bistu klein:
Was mehr? in kurzer Zeit so wirstu gar nichts seyn.
Der Dauphin
Man rühmet dich genug: man nennet dich den Kühnen.
Allein/ ob man schon viel von Kühnen Thaten hält:
Kann dieser Nahme doch zu schlechtem Glücke dienen:
Wenn Carl der Kühne selbst durchs Schwerdtes Schärffe fällt.
Der gewesene König in Engelland
Weil du dein eigen Volck meinst grimmig zu verzehren/
Und also Drachen=Art/ und nicht ein König bist:
Was wunder ist es denn/ daß von den Engels=Heeren
Der Drache voller Wuth herauß gestossen ist.
Der Printz von Ouranien
Der Vater ist dir lieb; das Reich ist dir noch lieber:
Doch ist die Liebe zu der wahren Lehre drüber.
Die Vereinigten Niederlande.
Du fügst ein Engels=Volck itzt deiner Seyten bey/
Wer saget: dass dein Thun nicht voller Klugheit sey?
Nun wird des Löwens Krafft/ auch Engels Krafft gewinnen:
Und mit geringer Müh den Hahn zerreissen können.
Der König in Dennenmarck
Was mir zur selben Zeit so bald verlohren gieng/
Als meine Hoffnung noch ans Käysers Bündnüß hieng:
Das hab ich noch zur Zeit nicht wieder überkommen.
Ob mich gleich Ludewig in seinen Bund genommen.
Der König in Schweden
Als deine Macht zergieng/ da stand dir Franckreich bey:
Daß du das deine kanst nunmehr/ vergnügt besitzen:
Doch itzo bleibstu nur dem Teutschen Reiche treu:
Und kanst bey dessen Macht das deine klüglich schüzen.
Der König in Pohlen
weicht alle Krafft nunmehr von deinen klugen Geistern?
Und schläffert Franckreich so den tapffern Pohlen ein?
Wie/ dass du lässt sein Geld dein Eisen übermeistern?
Wie/ daß du tapffres Blut willst Franckreichs Sclave seyn?
Der Türckische Sultan
Schaut all: wie mein Reich durch Meineyd fallen kann:
Doch schau mich sonderlich du Liljen König an.
Cardinal Fürstenberg
Was wunder/ daß voritzt groß Ding verrichtet hat/
Ein Römscher/ ein Franzoß/ ein Mönch und ein Soldat/
Und was noch mehr als dieß: ein ziemlich guter Christ/
An dem kein gutes Haar durchauß zu finden ist.
Der Prinz von Wallis
Wenn Mazarinens Geist in Petern wäre kommen;
So würd es itzt mit mir was bessers seyn bestellt.
Mein Engelland hätt mich vor diesen angenommen:
Vor welchen Ludewig anitzt sein Frankreich hält.
P. Peter
Der König kunte nichts aus seinen Lenden zwingen:
Das Unvermögen rieß hier alle Hoffnung ein.
Doch Peter kunte bald ein Kind zu wege bringen:
Das mag mir nun mit recht ein Pater Peter seyn.
Application des bekandten Verses.
Auf den P. la Chaise und die Mad. de Maintemon.
Gott Pluto unterfängt sich solcher Sachen nicht/
Die hier ein geiler Mönch und altes Weib verricht.
Auf dem andern Zettul laß man folgendes
Kling=Gedichte/
Welches I. Hoheit die princeßin von
Ouranien an dero Eh=Gemahl bey
Seiner Absegelung übersendet.
Geh Prinz/ geh/ weil die Pflicht dich heist nach Ehren streben!
Geh! Ich verberg dir mein ungemeines Leid.
Ich kenne meine Treu/ und fürchte vor dein leben:
Doch geh/ und kröhne dich mit der Unsterblichkeit.
Die Bahn/ auf der du läuffst/ ist gantz mit Ruhm umgeben/
Gesetz und Kirche hofft durch dich die Sicherheit.
Geh hin und laß vor dir den Graf von Nassau schweben:
Wo ja in diesem Stück ein Vorbild dich erfreut.
Wofern man aber auch in Treffen an mich denckt:
Ach so erinnre dich deß Königs Tochter Klage:
Die sich zugleich um Mann und Vater äusserst kränckt!
Mein Licht! Ach spahre mir zum besten deine Tage:
Und zücke deinen Arm auf meinen Vater nicht!
Wer weiß/ was GOTT und Glück noch vor ein Urtheil spricht.
Auf dem dritten Schedelgen
Aber stunden
Des
Königs von Engelland
Ursachen/
Warum er sich von Rochester hinweg begeben/
mit seiner eigenen Hand geschrieben.
Die Welt darff sich nicht verwundern wegen meines Wegziehens zum andernmahl/ ich hätte gehofft/ es würde mir besser begegnet seyn worden/ nachdem ich durch den Lord Seversham (den ich vollkömmlich instruiret hatte) an den Prince d'Aurange geschrieben: aber was hätte ich viel guts zuerwarten gehabt/ nachdem man gemeldten Graffen gefangen gesetzt/ wieder die ordentlichen Gewohnheiten der Völcker/ und nachdem Er seine eigene Guarde über dieses des Nachts um 11. Uhr gesand/ die Posten zu Withal zu besetzen/ ohne dass man mir im geringsten davon Nachricht gegeben/ auch um 1. Uhr des Nachts/ als ich zu Bette war/ durch eine Art einer Ordre durch 3. Lords, mich vor 12. Uhren des Mittags aus meinem Pallast zu gehen drengen wollen. Wie kunte ich nach allen diesen hoffen in salvo zu seyn: so lange ich in eines Hand wäre/ der nicht allein dieses an mir gethan/ und meine Königreiche/ ohne ihm einige Ursache darzu zu geben/ invadirt: sondern auch der durch seine erste Declaration den grösten Schimpff/ den die Boßheit jemahlen zu erdencken können/ insonderheit meinen Sohn betreffend/ auff mich gelegt. Ich beruffe mich auff alle/ die mich kennen/ ja auff mich selber/ daß in ihren Gewissen/ weder er/ noch sie werden glauben können: daß ich im geringsten nicht bequem eine so unnatürliche Vilanität und Boßheit zu begehen/ noch von so wenigen Verstande verleitet und angereitzet zu werden/ zu Sachen von dergleichen Natur und Beschaffenheit. Was habe ich denn von jemanden zu erwarten gehabt/ der mit allerhand Kunststreichen solche Mühe angewendet/ mich so schwartz/ alß die Hölle vor meinen eigenen Volcke/ ja der ganzen Welt zu machen? Welche Würckungen diese Dinge zu Hause gehabt/ hat ein jeglicher gesehen an der Generalen Abkehr von meinem Lager/ wie auch unter der Nation von allerhand Leuthen. Ich bin frey gebohren/ und wil also verharren; und wiewohl ich in unterschiedlichen Fällen zu meines Landes Ehr und Besten mein Leben gewaget/ und willig bin dasselbe mehr zu thun: (und es auch zu thun trachten werde/ wie alt ich auch von Jahren bin/ dasselbige von der Sclaverey/ worein es zu fallen/ das Ansehen hat/ zu erlösen:) so urtheile ich dennoch nicht für rathsam/mich um bloß zu stellen/ und sicher zu werden/ als der ich vielmehr die Freyheit mit der That liebe/ und habe mich um darum selber entzogen/ doch dergestalt/ dass ich wiederum eingeruffen mag werden/ wenn des Volckes Augen weden geöffnet und sie sehen werden können/ wie dass sie verleitet und abusiret, durch die specieuse Präterten deß Gottesdienstes und der Freyheit. Ich hoffe/ daß Gott ihre Hertzen durch seine unendliche Barmertzigkeit rühren/ und sie spühren lassen werde/ die böse Condition und Zustand/ darinne sie sind/ und sie in so thane Mäßigkeit bringen: Daß sie ein rechtmäßig Parlement versamlen/ und darinnen unter andern nothwendigen Dingen die Freyheit der Gewissen vor alle protestantische Disserters accordirt werden möge. Daneben/ dass die von meiner Meynung und Religion so fern in solche Consideration kommen/ und solche Antheile darinnen haben mögen/ friedlich und in Ruhe/ als Engelländern und Christen geziemet/ zu leben und daß sie nicht gehalten noch gezwungen werden mögen/ sich anderwerts wohin zu begeben/ welches sehr hart fallen solte/ sonderlich denen/ so ihr eigen Land lieben. Ich beruffe mich und apellire an alle Menschen von Consideration und eigener Erfahrung/ ob etwas anders die Nation so groß und florissent, alß die Freyheit der Gewissen machen könne. Etliche von unseren Nachbahrn können solches darthun und bezeugen. Ich würde mehr zu Bestätigung dessen/ was ich gesaget/ beyfügen können: es ist aber itzund die rechte Zeit nicht.
Rochester den 2. Jan. 1689.
James, Rex
* Transkription aus dem Original von Josef Köstlbauer